Skandale und Triumphe: Einstiger F1-Playboy Briatore wird 70

Berlin – Flavio Briatore schaut gebannt auf die Bildschirme vor ihm. Er ist der Chef. Der Teamchef von Renault. Er, der charismatische Italiener, der die Rekordkarriere von Michael Schumacher viele Jahr zuvor beschleunigt hatte.

Briatore sieht, wie einer seiner beiden Fahrer im September 2008 beim Großen Preis von Singapur, es ist die erste Auflage des elektrisierenden Nachtrennens, in die Streckenbegrenzung kracht. So ein Ärger. Oder? Nein. Etwas später jubelt Briatore. Sein zweiter Fahrer hat den Großen Preis von Singapur gewonnen. Zufall? Nein.

Es ist vielmehr einer der größten Skandale in der Formel 1 – vermutlich noch immer der unfassbarste, mit Briatore mittendrin. Der Erfolgsmacher. Der Playboy, während dessen Liaison mit Heidi Klum deren Tochter Leni auf die Welt gekommen war. Einer von denen, der das Image einer chauvinistischen Rennserie mit Sex-Appeal auch dank seiner Beziehungen pflegte. Einer aus einer mittlerweile längst vergangenen Zeit. Jachten, schöne Frauen, braun gebrannt, Sonnenbrille, Reich an Geld, Reich an Skandalen.

Am Ostersonntag wird dieser schillernd-reiche Flavio Briatore 70 Jahre alt. Er wird ihn in Monaco verbringen, zusammen mit seinem zehn Jahre alten Sohn Natha Falco und dessen Mutter. Er sage seinem Sohn, dass dieser sich sehr glücklich schätzen könne, nicht jeder habe solche Möglichkeiten, erzählte Briatore in einem Interview der Zeitung «Corriere della Sera».

Wohlhabend wurde der Sohn eines Grundschullehrer-Ehepaars aus Verzuolo in der Region Piemont Mitte der 80er Jahre, als er in den USA für einen Modehersteller Franchise-Läden eröffnete. Ein Jahr nach seinem ersten Rennstreckenbesuch beim Formel-1-Rennen in Australien 1988 wurde Briatore Teamchef von Benetton. Ohne wirkliche Kenntnisse von der Formel 1, ohne Ahnung von der Technik. Ein T-Shirt-Hersteller, wie er selbst scherzend meinte.

«Briatore brachte in die Formel 1 einen einzigartigen und innovativen Management-Stil», heißt es auf seiner Homepage. Das trifft durchaus zu, gemeint ist hier aber vor allem, dass er die Formel 1 nicht als Sport, sondern vor allem als Spektakel und Geschäft angesehen habe.

Briatore lotste Michael Schumacher Anfang der 90er Jahre in sein Team, 1994 und 1995 holte der gebürtige Kerpener im Benetton die ersten beiden seiner sieben WM-Titel. Später wurde Briatore Teamchef bei Renault und beendete mit Fernando Alonso 2005 die Serien-Triumphe Schumachers. 2006 gewann Alonso unter Briatore erneut die Fahrer-Weltmeisterschaft.

Zwei Jahre später kam der Tiefpunkt, zwei Jahre später kam Singapur, zwei Jahre später kam ein fingierter Unfall mit einem Teamchef namens Briatore. In der 14. Runde krachte Nelson Piquet Junior mit seinem Renault in die Streckenbegrenzung, weil er sollte. Er blieb unverletzt. Teamkollege Alonso war ungewöhnlich früh an die Box zum Reifenwechsel gerufen worden und profitierte danach von der Safety-Car-Phase durch den Unfall. Er gewann das Rennen. Auch Briatore jubelte mit, wurde später aber zunächst vom Automobilweltverband für immer verbannt.

«Ich glaube, wir mussten der Welt und unseren Sportfreunden zeigen, dass jemand, der so etwas Schlimmes tut, keinen Platz mehr in der Formel 1 oder im internationalen Rennsport hat», erklärte der damalige FIA-Chef Max Mosley. Briatore sei zu einhundert Prozent verantwortlich gewesen. «Er hätte diese Tat verhindern müssen, falls es ihm vorgeschlagen worden ist. Er hätte diese Idee nie umsetzen dürfen.»

Briatore, der sich auch zu den Erfolgszeiten mit Schumacher Schummelvorwürfen ausgesetzt sah und gegen Regeln verstoßen hatte, selbst beteuerte stets seine Unschuld im berüchtigten «Crashgate» von Singapur. Den damaligen Motorsport-Weltrat bezeichnete Briatore jüngst als «Micky-Mouse-Veranstaltung». Später hob ein französisches Gericht den Lebenslang-Bann auf und sprach Briatore 15 000 Euro zu. «Ich wollte eine Million und bekam 15 000», meinte er.

Die Formel 1 ist für Briatore Vergangenheit. Den gelernten Landvermesser, späteren Versicherungskaufmann, Geschäftsmann und Teamchef, der 1998 auch den «Billionaire»-Club in Costa Smeralda zum Hotspot der Schönen und Reichen aus aller Welt machte, zieht es nicht mehr zurück. Er sei glücklich. «Ich habe in der Formel 1 genug erreicht und eine Menge Geld verdient», sagte er.


(dpa)

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