Verkehrstote und Fahrzeugsicherheit aus Sicht des VDI

Wie korrelieren Verkehrstote und Fahrzeugsicherheit? Das erklärten kürzlich einige Koryphäen im Rahmen der Pressekonferenz anlässlich des „Expertenmeetings zum Status Berliner Erklärung (BE) des VDI zur Fahrzeugsicherheit 2017“ / der VDI-Tagung „Fahrzeugsicherheit 2017“.

Zunächst sprach Prof. Dr.-Ing. Rodolfo Schöneburg, Director Safety, Durability, Corrosion Protection, Mercedes-Benz Cars Development, Daimler AG, und Vorsitzender der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik. Nach seiner Ansicht wird das Vorhaben der Bundesregierung, bis 2020 die Anzahl der Verkehrstoten in Deutschland um 40 Prozent zu verringern nur mit großen Anstrengungen umsetzbar sein. „Nach aktueller Faktenlage ist in 2017 mit etwa 3200 Verkehrstoten zu rechnen. In den vergangenen sieben Jahren hätte sich damit die Zahl der Verkehrstoten nur um 448 reduziert. Zum Vergleich: In den zwei Siebenjahresabschnitten zuvor wurde ein Rückgang von jeweils über 2.000 Toten erzielt. Angesichts dieser Entwicklung stellt sich die Frage, ob die Reduzierung von getöteten Personen im Straßenverkehr immer schwieriger zu erreichen ist.“

Fahrzeugsicherheit hat erkennbar zugelegt

„Ergebnisse einer statistischen Auswertung zeigen, dass etwa 20 Prozent der in Deutschland getöteten Insassen in jüngeren Fahrzeugen der Baujahre nach 2008 saßen. In Autos der Baujahre 2002 und älter hingegen befanden sich 60 Prozent der getöteten Insassen, obwohl diese nur 20 prozent des Fahrzeugbestandes entsprechen. Aus ähnlichen Ergebnissen schließt die Sicherheits-Rating-Organisation “Australasian New Car Assessment Program“ (ANCAP), dass das Risiko eines tödlichen Verkehrsunfalls in einem älteren Fahrzeug etwa viermal höher ist. Das Durchschnittsalter eines PKW in Deutschland beträgt derzeit etwa neun Jahre. Eine Erneuerung dieses Bestandes hat das Potenzial, die Anzahl der tödlich verletzten PKW-Insassen signifikant reduzieren zu können.“

Gurtmuffel und andere Risiken

„Durchschnittlich sind immer noch 20 Prozent der im Straßenverkehr getöteten Fahrzeuginsassen nicht angeschnallt. Auch der demografische Wandel spiegelt sich in der Unfallstatistik wider. Immer mehr ältere Menschen, mit größerer Verletzlichkeit, nehmen als Fahrer oder Fußgänger am Straßenverkehr teil. Steigender Verkehr wird die Unfallbilanz ebenfalls künftig belasten. Nach einer Studie der Bundesregierung nehmen Pkw- und Lkw-Verkehr im Zeitraum 2010 bis 2030 um 10 Prozent bzw. um 39 Prozent zu. Und nicht zuletzt nimmt das Unfallrisiko durch wachsenden Stress und Hektik im Alltag zu, denn dadurch steigt auch die Bereitschaft zum Regelverstoß.“

Verkehrstote durch Automatisierung reduzieren?

„Menschliches Versagen ist mit über 90 Prozent Unfallursache Nummer eins. Die Automatisierung bietet die Möglichkeit, Leistungsschwankungen und Emotionen des Fahrers, die sich negativ auf die Fahrsicherheit auswirken, zu mindern. Darüber hinaus kann die Kommunikation der Verkehrsteilnehmer untereinander sowie mit der Infrastruktur kritische Situationen erst gar nicht entstehen lassen und damit möglicherweise einen Unfall vermeiden. Dennoch wäre es falsch, den Schluss zu ziehen, man müsse nur den Menschen durch eine Maschine ersetzen, um den Verkehr sicherer zu machen. Die meisten Autofahrer besitzen mit ihren Sinnen und ihrem Erfahrungsschatz die Fähigkeit, sich viele Jahre unfallfrei im Straßenverkehr zu bewegen.“

Infrastrukturelle Änderungen sind unabdingbar

„Unfallfreien Verkehr kann das Automobil alleine nicht ableisten. Denn auch wenn ein automatisiertes Fahrzeug in der Zukunft fehlerfrei arbeiten kann, sind Unfälle auf lange Sicht in einem so vielschichtigen Verkehrsumfeld und mit der heute vorherrschenden Infrastruktur nicht vermeidbar. Ursachen hierfür sind, dass es kaum räumliche und zeitliche Trennung der Verkehrsteilnehmer und Verkehrsströme im gemeinsamen Verkehrsraum gibt, mit hohen Geschwindigkeitsunterschieden auf engstem Raum und in einer Ebene. Wetterbedingt kann zudem der Verlust von Quer- und Längsführung auftreten.“

Bilder: ©Arild Eichbaum

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